Seltene Erden und die Cloud

Seltene Erden und die Cloud

In einem weltweit umfassenden und ebenso komfortablen Digitalisierungsprozess reiht sich fließend die Cloud ein: Ihr Energiebedarf ist gewaltig und wächst stetig. Die Digitalisierung nimmt exponentiell zu und entwickelt sich zum Bremsklotz für den Klimaschutz.

Der größte Teil aller digital aufgenommenen Bilder werden nicht ausgedruckt, statt dessen digital archiviert oder auf Social-Media-Plattformen geteilt. Gleichzeitig entwickelte sich die technische Qualität der Smartphone-Kameras sowie professionellen Digitalkameras weiter und somit wuchsen exponentiell stark die entstandenen Datenmengen: Immer preiswertere Speicherplätze auf Festplatten und Cloud-Lösungen verschafften Abhilfe. Mittlerweile stehen kostenlose Cloud-Lösungen zur Verfügung im Austausch gegen Nutzerdaten, um unter anderem Verhaltensmuster der User auswerten und rekonstruieren zu können, die für gezielte Werbung genutzt werden.

Die Cloud wird nur flüchtig und virtuell wahrgenommen, somit easy to go: Die dahinter gelagerten, weltweit verstreuten Server sind unsichtbar und es bedarf keiner kostenintensiven Archivierung.
Boaz Levin bringt es im Buch »Mining photography«1 mit wenigen Worten auf den Punkt: Die Cloud ist ein immenser Energiefresser, „übergewichtig vom vielen Metall und vollgestopft mit Abfällen. Wie andere digitale Medien ist die Fotografie auf ein gewaltiges Materialnetzwerk angewiesen: Vom Abbau von Metallen und Seltenen Erden, die in elektronischen Schaltungen zum Einsatz kommen, über hochentwickelte globale Lieferketten bis hin zu Datenspeicheranlagen, die kapazitätsbedingt immer größere Mengen von CO₂ ausstoßen, um schließlich nach einem kurzen Lebenszyklus auf Bergen von giftigem Elektroschrott zu landen, dessen Verarbeitung der Umwelt weiteren Schaden zufügt und mit zunehmenden Gesundheitsrisiken einhergeht.

Kleine Statistik zur Cloud und Co

  • Im Jahr 2019 wurde eine Rekordmenge von 54 Millionen Tonnen E-Schrott erzeugt, ein Anstieg von über 20 Prozent innerhalb von fünf Jahren
  • Weltweiter Elektroschrott pro Kopf im Jahr 2019:
    22,4 kg in Nordeuropa
    2,5 kg in Afrika

Boaz Levin fügt weiter hinzu: „Es zeigen diverse Recherchen, dass Massen dieses E-Schrotts in Länder mit niedrigen Einkommen exportiert, größtenteils abgekippt, verbrannt und entsorgt werden: hochgiftige Metalle wie Quecksilber, Blei und Kadmium treten aus, verunreinigen das Erdreich, verursachen „ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen bei Arbeiter*innen und vor allem bei Kindern, die oft in der Nähe von E-Schrott-Anlagen leben, den E-Schrott von Hand und ohne Schutzkleidung mühselig sammeln und trennen.“

Konflikt-Mineralien

Kobalt, die »Blutdiamanten für Batterien« als ein wesentlicher Bestandteil für die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge, Smartphones und Kameras: 60 % wird unter prekären und gefährlichen Umständen in der Demokratischen Republik Kongo abgebaut, vordergründig nach China verkauft und von dort aus dann in den weltweiten Verbrauchermarkt zu gelangen.
Europium, als eins dieser Seltene-Erden-Metalle, das wegen seiner Fluoreszenz in zahlreichen Technologien und Produkten verwendet wird wie z. B. in den Euro-Banknoten oder Flachbildschirmen kommen vordergründig aus dem Abbaugebiet in Papua-Neuguineas und der Bismarck-See.

1 Auszüge aus Boaz Levin, Esther Ruelfs, Tulga Beyerle: „Mining Photography, Der Ökologischer Fussabdruck der Bildproduktion“; erschienen bei Spector Books, 2022, ISBN 978-3-95905-632-8 S. 107 ff

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